Tief in einer ägyptischen archäologischen Stätte, verborgen zwischen alten Quittungen und Verkaufsaufzeichnungen für Vieh, haben Forscher etwas Bemerkenswertes entdeckt – ein Manuskript, das scheinbar verlorene Weisheiten enthält, die Jesus zugeschrieben werden und an seinen Bruder Jakobus gerichtet sind.
Dieses antike Schriftstück, in Griechisch verfasst, ist eine Ausgabe eines Werkes, das als „Die erste Offenbarung des Jakobus“ bekannt ist. Bislang gingen Wissenschaftler davon aus, dass es nur in koptischer Sprache überliefert wurde, die aus den ägyptischen Hieroglyphen abgeleitet ist. Das neu entdeckte Manuskript stammt aus dem 5. oder 6. Jahrhundert und wurde von einem Forscherteam der Universität von Texas in Austin aus sechs verschiedenen Fragmenten mühsam rekonstruiert.
Eine seltene und unerwartete Entdeckung
Das Manuskript war ursprünglich Teil einer umfangreichen Sammlung von mehr als 200.000 Papyrusdokumenten, die Ende des 19. Jahrhunderts in der antiken ägyptischen Stadt Oxyrhynchus entdeckt wurden, die für ihre umfangreichen literarischen Funde bekannt ist. Die Entdeckung ist bedeutend, nicht nur weil es sich um eines der ältesten Exemplare dieses Textes handelt, sondern auch weil es in Griechisch verfasst wurde – der Sprache, in der die frühchristlichen Schriften ursprünglich verfasst wurden.
„Es ist unglaublich selten, solche Texte in Griechisch zu finden“
erklärte einer der Wissenschaftler hinter dem Fund.
„Die meisten überlieferten Versionen dieser sogenannten ‚verbotenen‘ Bücher existieren nur in späteren Übersetzungen.“
Das Buch, das nicht existieren sollte
Dieser Text gehört zu einer Gruppe von Schriften, die als gnostische Schriften bekannt sind, die aus dem offiziellen Neuen Testament-Kanon ausgeschlossen wurden. Diese Schriften bieten oft alternative Perspektiven auf Jesus und seine Lehren und stellen ihn nicht als traditionellen Erlöser dar, sondern als einen Führer, der verborgene Weisheiten über die wahre Natur der Realität offenbart.
In „Die erste Offenbarung des Jakobus“ enthüllt Jesus eine radikal andere Sichtweise der Welt – eine, in der die physische Existenz nicht Teil von Gottes göttlicher Schöpfung ist, sondern eher eine Art elaboriertes Gefängnis, das von niederen kosmischen Wesen, den Archonten, beherrscht wird.
Diese Wesen agieren als Torwächter, die die menschlichen Seelen daran hindern, ihr wahres, spirituelles Zuhause zu erreichen. Laut dem Text ist der Schlüssel zur Flucht aus diesem Gefängnis das Gnosis – geheimes Wissen, das es der Seele ermöglicht, diese Barrieren nach dem Tod zu überwinden. Jesus lehrt Jakobus die spezifischen Worte und Phrasen, die er sprechen muss, um diese Herrscher zu überwinden – fast wie eine Reihe göttlicher Passwörter.
Anstatt den Fokus auf Glauben, Sünde oder Erlösung zu legen, konzentriert sich diese Lehre darauf, ein verborgenes Wissen zu erlangen: dass die materielle Welt eine Illusion ist und nur durch das Durchschauen dieser Illusion wahre Freiheit erlangt werden kann.
Ein verborgener Schatz des Lehrers
Vielleicht der überraschendste Aspekt des Manuskripts ist, dass es offenbar als Lehrmittel genutzt wurde. Ungewöhnliche Markierungen, die Silben trennen, deuten darauf hin, dass es so formatiert wurde, dass es den Schülern beim Erlernen des Griechischen half – eine höchst unorthodoxe Wahl angesichts der kontroversen Natur des Textes.
„Dies war lange nachdem solche Schriften als häretisch verurteilt worden waren“, bemerkte ein Forscher. „Und doch hielt jemand, irgendwo, diesen Text immer noch für wertvoll genug, um ihn zu lehren.“
Die Entdeckung wirft neue Fragen darüber auf, wie weit solche Ideen verbreitet waren, selbst in einer Zeit, in der sie offiziell unterdrückt wurden. Sie unterstreicht auch die Komplexität des frühen Christentums und zeigt eine Welt, in der viele verschiedene Interpretationen von Jesus' Botschaft einst gedeihen konnten.
Das Forschungsteam plant, seine Erkenntnisse in einem bevorstehenden Band der „Oxyrhynchus Papyri“-Reihe zu veröffentlichen, sodass diese längst verlorene Stimme aus der Vergangenheit wieder Gehör finden wird.
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